Der digitale Bibliotheksauweis
Testergebnisse für den MVP1 des Anwendungsfalls Leipziger Städtische Bibliotheken

Das ID-Ideal-Projektteam der Stadt Leipzig erprobt Anwendungen, mit denen kommunale Dienstleistungen digital bereitgestellt werden können. Unter anderem wird ein Prozess zur Beantragung und Nutzung eines digitalen Bibliotheksausweises für die Leipziger Städtischen Bibliotheken entwickelt. Die erste Entwicklungsstufe (MVP 1) für die Online-Ausweisregistrierung ist abgeschlossen, von September 2022 bis Januar 2023 wurden erfolgreich Nutzendendentests durchgeführt.
Testsetting und Tester*innengruppe
Die zehn Teilnehmer*innen sollten folgende Aufgabe lösen: Einen Bibliotheksausweis digital beantragen und in einer digitalen Brieftasche (Wallet) speichern. Dafür stand ihnen ein Smartphone mit einer Test-Webseite der Leipziger Städtischen Bibliotheken und einer Wallet-App zur Verfügung. Getestet wurde als One-Device-Anwendung, d.h. die Aufgabe wurde ausschließlich mit dem Smartphone bearbeitet.
Die Testenden durften beim Lösen der Aufgabe „laut denken“ und mit einer Bildschirmaufnahme des Handys sowie einer Video- / Tonaufzeichnung wurde die Interaktion zwischen Test-Webseite, Wallet und den Testpersonen aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen und ein von den Testenden ausgefüllter Fragebogen wurden verwendet, um Rückschlüsse auf die Anwender- und Nutzungsfreundlichkeit sowie Probleme während der Aufgabenlösung zu ziehen. Die Testergebnisse fließen in die Weiterentwicklung und die Verbesserung des Prototyps ein.
Alle Tester*innen nutzen das Smartphone täglich und 90 % von ihnen finden es spannend, neue Sachen auszuprobieren. Die Gruppe war zwischen 20 und 49 Jahre alt und arbeitete vorrangig in der Verwaltung sowie in der IT-Branche. Die Hälfte der Gruppe erhielt Vorabinformationen zum SSI-Konzept und die anderen nicht. Die Auswertung der Fragebögen ergab jedoch, dass es es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antworten der beiden Gruppen gab, d.h. die Vorabinformationen wirkten sich weder positiv noch negativ auf die Antworten aus.
Prozess
Hinsichtlich des Gesamtprozesses wünschten sich die Nutzer*innen eine strukturierte und klare Anleitung sowie eine Fortschrittsanzeige. Zudem gab es Hinweise, dass an manchen Stellen Schaltflächen noch eindeutiger benannt werden müssen.
„Ich hätte mir gewünscht, vorab zu wissen, welche Prozessschritte es gibt.“
Das von der Stadtbibliothek vorgegebene Bezahlsystem ePayBL war für viele unbekannt und sollte deshalb beschrieben werden. Auch die Kosten für den Bibliotheksausweis wurden bisher ausschließlich in der Gebührenordnung und während des Bezahlvorgangs aufgelistet, jedoch nicht eindeutig und prägnant vor der Bezahlung.

Wallet und Bibliothekswebseite
Die Bedienung der Wallet-App – bei den Tests wurde die Jolocom SmartWallet verwendet – musste teilweise durch Hilfestellung der moderierenden Person unterstützt werden. Beispielsweise musste zur Authentifizierung ein so genannter Kommunalpass mit Daten ausgewählt werden, die Auswahlschaltfläche dafür sollte noch deutlicher hervorgehoben werden, da diese von einigen Testenden nicht erkannt wurde. Auch beim Auffinden des erfolgreich ausgestellten Bibliotheksausweises innerhalb der Wallet konnte ein Großteil der Testenden den Ablageort nur mit Hilfe finden.

Verwirrung stifteten häufig die Momente, wo ein Wechsel zwischen der Homepage der Bibliothek und der Wallet stattfanden. Dieser verlief noch nicht immer reibungslos. Entweder funktionierte im Schritt der Authentifizierung die Weiterleitung aus der Wallet nicht automatisch oder zum Ende des Prozesses wurden die Nutzenden zurück zur Homepage geleitet. Obwohl sie erwartet hätten, im Nachweisbereich der Wallet zu enden, dort wo sich der ausgestellte Bibliotheksausweis befindet.
So antworteten Tester*innen auf die Frage nach einem Abbruch in einem realen Szenario:
„Nach der 1. Einwahl bei der Wallet zurück auf die Bibliotheksseite, was ist jetzt zu tun? Bin ich schon angemeldet?! Wie ist der Bezahlprozess hier?“
„Ganz am Ende als ich nicht in der Wallet App geführt worden bin, sondern bei der LSB Website blieb, ohne Meldung dass es erfolgreich durchgeführt ist.“
„Nach der ersten Identifikation, ohne dass ich auf den nächsten Schirm weitergeleitet wurde.“
Kontrolle, Sicherheit und Vertrauen
In Bezug auf die Sicherheit sowie die Kontrolle über die eigenen Daten gingen die Bewertungen stark auseinander. So zeigten einige Nutzer*innen Bedenken beim Schritt der Authentifizierung, da die Bibliothek als anonymes öffentliches Profil auftrat (siehe Screenshot Jolocom SmartWallet – Eingehende Anfrage). Statt dem Kürzel und der Nummer sollte besser ein Klarname verwendet werden.
Auch der Hinweis „Seien Sie achtsam, bevor Sie Ihre Daten teilen.“ wirkte auf einige nicht vertrauenswürdig. Die Nutzenden wünschen sich stattdessen einen Datenschutzhinweis an markanter Stelle.
Die Hälfte der Tester*innen empfanden sowohl die Webseite der Leipziger Städtischen Bibliotheken als auch die Wallet als vertrauenswürdig. Nur jeweils 20 % stimmten dem eher nicht zu.


Insgesamt zeigte sich ein Grundvertrauen gegenüber der öffentlichen Institution Bibliothek im Umgang mit persönlichen Daten.
Alle Tester*innen können sich vorstellen, künftig eine Wallet für die Authentifizierung bei öffentlichen Stellen zu nutzen, da ihnen dies einfach, komfortabel, zeitsparend, bürgernah und praktisch erscheint.
„Mir hat gut gefallen, wie schnell ich einen Bibliotheksausweis erstellen konnte und mir somit den Weg in die Bibliothek für einen analogen Anmeldeprozess sparen kann.“
Ausblick
Aktuell wird für den Anwendungsfall Stadtbibliothek eine Machbarkeitsanalyse für ein Pilotsystem geprüft. Das Pilotsystem soll noch 2023 entwickelt und mit echten Nutzer*innen und realen Daten getestet werden. Das System umfasst die Online-Registrierung für den digitalen Bibliotheksausweis, die Online-Medienausleihe und das Benutzen des digitalen Bibliotheksausweises vor Ort.
Wenn Du in Leipzig wohnst und an den Nutzendentests teilnehmen möchtest, dann kannst Du dich hier anmelden:
Mehr zum Anwendungsfall Leipziger Städtische Bibliotheken erfährst Du in diesem Video.

Das Referat Digitale Stadt entwickelt im Rahmen verschiedener
Förderprojekte innovative Lösungen für die digitale Transformation der Stadt Leipzig.